Eröffnungsfilm

Wir freuen uns, das diesjährige Festival mit dem eindrucksvollen Sundance-Preisträger SABAYA zu eröffnen. Der Dokumentarfilm erinnert an das Schicksal tausender Jesidinnen, die sich noch immer in Gefangenschaft des IS befinden.  In diesem Interview gibt Regisseur Hogir Hirori Einblicke in seine Herangehensweise und die aktuelle Situation der Protaginistinnen.

SABAYA von Hogir Hirori

Der sogenannte Islamische Staat überfiel die Stadt Sinjar – ermordete die Männer, entführte die Frauen. Tausende werden noch immer als SABAYA (Sexsklavinnen) gefangen gehalten. Die Männer und Frauen vom Yazidi Home Center sind ihre einzige Chance, dieser Hölle zu entkommen.

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HRFFB: Was war deine Motivation, Sabaya zu drehen und wie bist du mit Mitarbeiter*innen des Yazidi Home Centre in Kontakt gekommen, die ihr Leben riskieren, um vom sogenannte “Islamische Staat” (IS) gefangen gehaltende Sexsklavinnen zu befreien?

Hogir Hirori: Sabaya ist der letzte Teil einer Trilogie von Filmen, die ich seit 2014 gedreht habe, um die Folgen des Krieges zu dokumentieren – zuerst The Girl Who Saved My Life, dann The Deminer und nun Sabaya. Seit 2014 habe ich mich gefragt, was mit den Frauen und Mädchen passiert, die vom “Islamischen Staat” entführt wurden. Also beschloss ich, in den Nordosten Syriens zu reisen, um dort mehr herauszufinden. Hier habe ich die Freiwilligen im Yazidi Home Center kennengelernt.

HRFFB: Dein Film zeigt, wie instabil die Lage im Irak ist und wie viel Einfluss der IS noch hat. Hattest du jemals das Gefühl in Gefahr zu sein?

Hirori: Du meinst in Syrien? Ja, denn die kurdische Selbstverwaltung und die Kräfte in Syrien haben es schwer, das Gebiet zu kontrollieren, auch wenn der IS besiegt ist. Die vielen internen Konflikte in Syrien mit vielen verschiedenen Gruppen, die sich gegenseitig bekämpfen, und die türkischen Invasionen lassen die schlafenden Glieder des IS von Tag zu Tag stärker werden. In Syrien gehört die Gefahr zum Alltag. Hab habe ich bei den Dreharbeiten deutlich gespürt.

HRFFB: Die Mitglieder des Yazi Home Centre, aber auch die geretteten Mädchen sprechen so offen mit dir, wie hast du das Vertrauen aufgebaut?

Hirori: Ich habe ihnen Zeit geben, mich abseits der Kamera kennenzulernen und sie zu nichts gedrängt.

Weißt du, wie die Situation der geretteten Mädchen heute ist?

Hirori: Diejenigen, von denen ich weiß, leben heute im irakischen Kurdistan. Die meisten von ihnen versuchen, ihr Leben weiterzuführen, auch wenn das nicht immer einfach ist. Einige von ihnen studieren, arbeiten oder haben die Liebe ihres Lebens gefunden. Aber es gibt auch diejenigen, die sich nur schwer von dem erholen können, was sie erlitten haben.

HRFFB: Wie viele Frauen befinden sich nach noch in Gefangenschaft des IS und wie könnte die internationale Gemeinschaft helfen, sie zu befreien?

Hirori: Nach Angaben des Yazidi Home Center sind es noch mehr als zweitausend Frauen und Mädchen. Wenn diese Freiwilligen es geschafft haben, so viele mit so begrenzten Mitteln zu retten, bin ich mir sicher, dass die internationale Gemeinschaft mit mehr Macht und finanzieller Unterstützung eine Menge tun kann.
Nachdem man den Film gesehen hat, ist man emotional erschüttert, da Du die grausame Realität und die Nachwirkungen des Krieges ungeschönt zeigst. Was hoffst Du mit dem Film zu bewirken?
Ich hoffe, dass der Film als Zeugnis dafür dienen kann, was diesen Frauen und Mädchen widerfahren ist. Und dass er in der Welt ein Bewusstsein dafür schafft, dass denjenigen, die noch in Gefangenschaft sind, geholfen werden kann. Und um die Welt daran zu erinnern, dass Hass niemals die Lösung ist und dass wir einander mit mehr Liebe und Respekt begegnen müssen – unabhängig von kulturellem Hintergrund, Religion oder Geschlecht.

 

6. SEPTEMBER 2021